Vor kurzem habe ich einen Übersichtsartikel für die Zeitschrift Lymphologie in Forschung ind Praxis geschrieben mit dem Titel "Die lymphangiogenen Wachstumsfaktoren VEGF-C und VEGF-D". Es war der erste wissenschaftlicher Artikel, den ich in meiner Muttersprache Deutsch geschrieben habe. Im internationalen Ranking ist diese Zeitschrift eher unterbewertet, was für Zeitschriften üblich ist, die Artikel in nicht-englischer Sprache publizieren. Nun gibt es in den grossen europäischen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder Italien viele Ärzte, die nicht so gut mit der englischen Sprache zurechtkommen. Denen den Zugang zum Status Quo in der Lymphangiogenese-Grundlagenforschung zu ermöglichen war einer der Gründe, diesen Artikel zu schreiben. Die Zugänglichkeit zur Wissenschaft verbesseren kann nur gut sein, dachte ich.
Mein Chef meinte, auf Deutsch zu schreiben wäre Zeitverschwendung. Ich hoffe, das ich ihn Lügen strafen kann (aber dafür brauche ich die Unterstützung der DLG!). Ich habe meinen Arbeitseinsatz für diesen Artikel erheblich reduzieren können, indem ich den anderen deutschen Lymphangiogenese-Forscher an der Universität Helsinki als Mitverfasser gewinnen konnte. Ich hatte sogar einen Rohentwurf für einen deutschen Artikel über Lymphangiogenese in der Schublade, den ich vor ungefähr zwei Jahren auf meiner Internetseite veröffentlichen wollte, der es aber nie über das Entwurfsstadium hinaus geschafft hatte.
Als der Artikel dann veröffentlicht wurde, erhielt ich zwei Exemplare der Zeitschrift. Als ich online versuchte, einen Link von meiner Homepage zu dem Artikel zu setzen, musste ich feststellen, dass der Artikel nicht frei zugänglich ist. Weil mich die Universität Helsinki als Arbeitgeber zur Selbstarchivierung seit 2010 verpflichtet und heutzutage die meisten Verlage Selbstarchivierung unterstüzen, habe ich beim Verlag nach deren Richtlinien bezüglich Selbstarchivierung nachgefragt. Die Antwort war, dass sie im Prinzip nichts dagegen hätten, wenn sie denn die Erlaubnis des Vorstands der DLG hätten. Ich hoffe sehr, dass ich diese Erlaubnis bekomme, weil das die einzige Möglichkeit für mich als Autor ist, Nachfragen von Interessierten nachzukommen. Früher verschickte man Nachdrucke per Post, was ich mit Kopien des Artikels immer noch machen könnte, aber wir leben im 21. Jahrhundert oder etwa nicht?
Wenn ich die Erlaubnis nicht bekommen sollte, bleibt mir immer noch als legale Möglichkeit, die nicht-editierte Version meines Manuskripts online als download anzubieten. Weil nämlich sich das Urheberrecht auf die editierte Druckversion des Artikels beschränkt. Diese Möglichkeit haben schon einige Forscher erfolgreich ausprobiert; einige stellen zusätzlich eine Datei bereit, in denen die Abweichungen von der veröffentlichten Version des Verlags aufgelistet sind. Das wäre natürlich keine optimal Lösung, würde aber Zugänglichkeit und Reichweite des Artikels um ein erhebliches vervielfachen.
Nur in Open Access Zeitschriften zu publizieren ist verpflichtend an der Universität Helsinki. Allerdings werden Ausnahmen von dieser Regel mehr oder weniger regelmässig gemacht. Trotzdem werden die Ausnahmen mit der Zeit immer schwieriger zu rechtfertigen sein, weil auch die Europäische Union ihre Forschungsgelder immer mehr mit der Auflage verbindet, die Forschungsergebnisse frei zugänglich zu machen. Der EU-Interpretation zufolge reicht es, das eine Zeitschrift Selbstarchivierung des publizierten Artikels erlaubt, um ihr Open Access Status zuzusprechen, weil Selbstarchivierung als alternativer Weg zu Open Access verstanden wird. Die Finnische Akademie der Wissenschaften (mein grösster Geldgeber) argumentiert ähnlich: "Wir empfehlen weiterhin, dass Forscher, die mit Akademiegeldern finanziert werden, ihre Ergebnisse in Open Access Zeitschriften publizieren, wenn es Online-Zeitschriften der entsprechenden Fachrichtung mit mindestens gleich hoher Qualität gibt wie traditionelle, kostenpflichtige Zeitschriften. Alternativ können die Artikel auch in über elektronische Archive frei zugänglich gemacht werden." Selbstarchivierung ist für Forscher der Universität Helsinki seit 2010 verpflichtend.
Es macht natürlich Sinn, dass wer meine Arbeit bezahlt (also der Steuerzahler), sich auch deren Ergebnisse anschauen dürfen sollte. Ich habe für diesen Artikel keine Minute meiner Arbeitszeit abgezweigt, trotzdem habe ich ihn auf einem Computer geschrieben, der mit Steuergeldern finanziert worden ist...
Also wenn jemand den Artikel haben möchte, bevor die DLG entscheidet, bitte bei mir melden!