Neulimburg - Die Siedlung im Wald

Das Dorf Blota wurde 1771 gegründet. Auf preussischen Befehl machten sich deutsche Siedler aus der Grafschaft Limburg in Hessen mit ihren Wagen, Werkzeugen und Vieh auf den Weg. Von hier stammt auch der deutsche Name des Dorfes: Neulimburg. Zuerst wurden 300 Hektar Wälder gerodet und der gewonnene Boden auf die rund 30 Bauern verteilt.

Der Lehmboden war schwer und nicht sehr fruchtbar. Um die Erträge zu verbessern, wurde Dreifelderwirtschaft betrieben. Auf zwei Feldern wurde Getreide angebaut, während das dritte Feld brach liegen durfte. Später wurden auf behördliche Anordung Kartoffeln und Zuckerrüben angebaut und auch Rinderzucht wurde in Angriff genommen. Stroh wurde Exportgut für die Armee.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde der Ackerbau intensiviert und mit dem Anbau von Futterpflanzen wie Klee und Futterrüben begonnen. Gemüse wurde in den Gärten hinter den Häusern angepflanzt, während im Vorgarten die Kühe grasten. Das Dorf war ein Strassendorf. Die Häuser waren aus Holz und mit Stroh gedeckt. Zwei Zimmer und eine Küche mit Waschgelegenheit waren durch den Korridor von dem Raum für das Dienstpersonal getrennt. Der Korridor führte nach hinten in die Ställe und den Keller.

Geschichte
Nach der Bauernbefreiung von 1806 durften die Bauern ihre Überschüsse in den Städten verkaufen. Mit den kurz darauf folgenden Napoleonischen Kriegen und der damit verbundenen Lebensmittelknappheit begann für Blota eine wirtschaftliche Blütezeit, die erst mit dem Dürre-Sommer von 1846 beendet wurde. Das Futter für die Tiere wurde knapp und im gleichen Jahr Wurde Blota zusätzlich Opfer der Cholera-Epidemie.

Auch die soziale Probleme wuchsen. Im März 1848 kam es in der nahegelegenen Stadt Szydlowice zum Zusammenstoss von Demonstranten und der Preussischen Armee, bei dem es auch Tote gab. Vier grössere Flutkatastophen haben das Dorf heimgesucht: am 10. Juni 1829, am 6. März 1830 und am 22. Juli 1834 (diese Flut ist in den Chroniken von Raabe dokumentiert). Die grösste Flut gab es jedoch am 12. Juli 1997. Als Andenken an diese letzte Flut steht ein Kreuz an der Wegkreuzung zwischen Blota und Dobrzyn. Von den schwersten Wintern seien erwähnt 1929 (-41° Grad) und 1935 (-35° Grad).

Die Vertreibung
Die grösste Tragödie passierte allerdings nach dem zweiten Weltkrieg. Am Samstagmorgen, dem 10. August 1946 ging ein Vertreter der polnischen Behörden von Haus zu Haus und gab Befehl, die Wohnungen zu verlassen und sich innerhalb einer Stunde in der Dorfschule mit maximal 30 Pfund Gepäck einzufinden. Alle Dorfbewohner wurden in Wagen nach Brieg transportiert. In der ehemaligen Nervenheilanstalt in der Kamiennastraße führte die Miliz Kontrollen durch und schickte dann die Leute zum Bahnhof, wo sie in Viehwaggons verladen wurden. In jedem Waggon gab es einen Eimer Suppe Proviant. Die Deutschen aus Blota wussten nicht, wohin die Reise gehen sollte, aber sie ahnten, daß sie ihre Heimat verlieren würden. Ihre erste Nacht in Westdeutschland verbrachten sie in Einersheim. Dort treffen sie sich bis heute regelmässig zu einem historischen Piknick. Das Dorf Blota wurde durch Polen aus dem Dorf Malowody aus dem ehemaligen polnischen Distrikt Podhaje (Provinz Tarnopol) neu besiedelt.

Das Land gibt seine Vergangenheit preis
Ganz in der Nähe der Straße, die nach Blota führt, lag das umfangreiche Gut Liegniz. Es lag nordwestlich der Burgsiedlung Kellerberg und gehörte der Ritteradelsfamilie Sobieraj. Die Burgsiedlung Kellerberg hatte einen rechteckigen Grundriss, eine steile Auffahrt und einen Wassergraben. Bei den Ausgrabungen in 1970 wurden neun Fragmente von Gefäßen aus dem 13. bis 14. Jahrhundert zu Tage gefördert. An dem höchsten Punkt der Burg befinden sich die Überreste von Kellern, die zu der Jagdresidenz aus dem Jahre 1614 gehören. Diese Jagdresidenz gehörte dem Herzog Jan Krystian und der Herzogin Dorota Sybilla und ihre grösste Attraktion ist ein Stuhl, der mit Jagdszenen geschmückt ist.

Zur Entenjagd dienten dem Herzogpaar die Wälder um Ryczyna. Auch Ryczyna besass eine Burg. Sie war ringförmig und wurde im 12. Jahrhundert erbaut. Ein 360 Meter langer Damm umgab die Burg, neben dem sich ein Wachhaus und die Kleinstadt Lipki befand. Der Name der Stadt kommt von dem Wort “rykia”. In 1109 wurde hier die Reichsarmee des deutschen Königs Heinrich des Fünften gestoppt, die auf dem Weg nach Krakau war, um Polen zu unterwerfen. Archeologen haben hier vier übereinanderliegende Siedlungen ausgegraben, die vermutlich auf Überflutungen zurückzuführen sind, die die Festung im 14. Jahrundert dem Erdboden gleichgemacht haben.

In einer Entfernung von 300 Meter westlich von Blota lag das alte slawische Dorf Ottaczki, was auf Altslawisch bedeutet: “Zum Dorf Dobrzyn Ostrow gehörig”. Von den deutschen Siedlern wurde sie Ottock genannt. Eister zufolge wurde dieses Dorf erstmalig in 1252 erwähnt, als der Herzog Boleslaw der Dritte es zusammen mit einem Gasthaus dem Ritter Ulrich Seveus schenkte. Bei Ausgrabungen im Jahre 1970 wurden Gefäße gefunden, die nahelegen, das diese Siedlung eine Art Pufferzone zwischen dem Dorf Blota und dem Wald bildete. Die Siedlung wurde im 18 Jahrhundert von den deutschen Siedlern zerstört. Heutzutage befindet sich auf dem gleichem Gebiet - einem annähernd quatratischem Plateau von einer Höhe von 2.7 Metern - die Siedlung Zamcze.

Dorflegenden und Traditionen
Einer alten Legende zufolge war der Teich hinter dem Dorf Blota verhext worden von einer “weissen Dame”, die Wäsche auf eine Leine hängt. Diese Person wurde von einem Siedler namens Lontke gesehen, der sich so erschreckte, daß er hinfiel und sich ein Bein brach.

Neben dem Weg nach Ryczyn lag die sogenannte Galgenhöhle. Hier ließ ein Gutsherr den Liebhaber seiner Tochter aufhängen. Der Legende zufolge verschwand der Leichnam und ein Teich entstand an seiner Stelle.

Eine andere Legende erzählt von weiblichen Zwergen, die am Abend auf den Weiden tanzen und von brennenden Strohwagen. Alle diese Legenden trieben die Einwohner von Blota am frühen Abend zurück in ihre Häuser.

Eine mittelalterliche Tradition der Frühlings-Begrüssung hat sich in Blota erhalten. Die Kinder besuchen die Bauern und singen ein Volkslied: Rotes Kleid, schöner grüner Lindenbaum. Lasst uns in den Wald gehen und etwas finden; ein Vogel, der den Frühling verkündigt. Die Herrin kommt und wir werden beschenkt.