Lymphangiogenese-Regulation durch Wachstumsfaktoren

Alle Zellen unseres Körpers benötigen Sauerstoff und sie werden über das Blut damit versorgt. Deshalb ist das Gefässsystem das erste funktionsfähige Organ im wachsenden Embryo. Bevor das Herz seine Pumpfunktion aufnimmt, deckt der Embryo seinen Sauerstoffbedarf einzig durch Diffusion. Dies ist ihm allerdings nur bis zu einer Grösse von einigen Millimetern möglich.

Tumoren haben das gleiche Problem, wenn sie eine ähnliche Grösse erreichen. Beide - der wachsende Embryo und die Krebsgeschwulst - können ihr Wachstum nur fortsetzen, wenn es ihnen gelingt, ein Gefässsystem zu bilden, das ihnen den benötigten Sauerstoff und die Nährstoffe bereitstellt.

Das Krebswachstum ist also abhängig vom Wachstum und von der Neubildung von Blutgefässen. Andererseits gibt es aber auch Krankheiten, die von unzureichendem Blutgefäss-Wachstum charakterisiert werden. Bei der koronaren Herzkrankheit z. B. können die Blutgefässe dem Herzmuskel nicht genügend Sauerstoff liefern.

Neben dem Herz-Kreislaufsystem gibt es noch ein anderes Gefässsystem: das Lymphgefässsystem. Es leitet überschüssige Gewebsflüssigkeit zuruck ins Blut und spielt eine wichtige Rolle in der körpereigenen Abwehr gegen Bakterien und Viren. Ähnlich dem Blutgefässsystem spielt das Lymphsystem eine wichtige Rolle in vielen Krankheiten. Lymphödem-Patienten z. B. leiden unter Schwellungen der Gliedmassen, weil entweder nicht aysreichend Lymphgefässe vorhanden sind oder die vorhandenen in ihrer Funktion eingeschränkt sind. Auch die Verbreitung von Krebs (Metastasierung) hängt eng mit dem Lymphsystem zusammen, weil Krebszellen die Lymphgefässe als Transportwege innerhalb des Körpers benutzten.

Es ist offensichtlich, das die Behandlung vieler Krankheiten davon profitierte, wenn wir das Wachstum von Blut- und Lymphgefässen kontrollieren könnten. Diese Kontrolle ist der Schwerpunkt unserer Forschung.

Zellkommunikation
Der menschliche Körper besteht aus vielen Milliarden Zellen. Um Chaos zu verhindern, müssen alle diese Zellen miteinander kommunizieren. Ein einfaches Kommunikations-Modell wird in der Abbildung gezeigt. Zelle A (Cell A) sendet eine Botschaft, indem sie ein Signal-Molekül produziert. Die Zelle B (Cell B) erkennt das Signal-Molekül, weil sie Rezeptoren besitzt, die zum Signal-Molekül passen (ähnlich wie ein Schlüssel zum dazugehörigen Schloss passt): Das Signal-Molekül der Zelle A bindet an dem dazugehörigen Rezeptor der Zelle B und dies löst eine Verhaltensänderung der Zelle B aus. Wachstumsfaktoren sind Beispiele für solche Signalmoleküle. Es gibt hunderte von verschiedenen Wachstumsfaktoren und jedes einzelne vermittelt eine bestimmte Botschaft von einer Zelle zu einer anderen.

Unser Labor forscht an Wachstumsfatoren, die die Bildung und Funktion von Blut- und Lymphgefässen regulieren. Nachdem ein Embryo zur Grösse von éinigen Millimetern gewachsen ist, kann er nur noch witerwachsen, indem er seine eigene Blutversorgung sicherstellt, die ihm den benötigten Sauerstoff und die benötigten Nährstoffe herantransportiert. Der charakteristische Zelltyp von Blutgefässen ist die Endothel-Zelle. Blutgefässe entstehen durch zwei verschiedene Mechanismen: durch Vaskulogenese und durch Angiogenese.

Vaskulogenese
Die ersten Blutgefässe eines Embryos entstehen durch den Prozess der Vaskulogenese. Vaskulogenese bezeichnet die Differenzierung von Vorlåuferzellen (Angioblasten) zu Endothel-Zellen. Angioblasten sammeln sich und formen sogenannte Blutinseln. Die Zellen an der Aussenseite einer solchen Blutinsel werden zu Endothel-Zellen und die Zellen im inneren werden zu Blutzellen. Dieser Prozess der Vaskulogenese ist verantwortlich für die Entstehung der Herzanlage, die Entstehung der grossen Blutgefässe und der Hauptgefässe von Lunge, Milz und Bauchspeicheldrüse.

Angiogenese
Angiogenese ist das Wachstum von existierenden und das Spriessen von neuen Blutgefässen aus schon vorhandenen Gefässen.

Durch Angiogenese werden Gehirn, Nieren und die Extremitäten mit Blutgefässen ausgestattet. Der wichtigste Wachstumsfaktor, der das Wachstum von Blutgefässen kontrolliert, ist der Vaskuläre Endothel-Wachstumsfaktor (VEGF). VEGF bindet zwei verschidene Rezeptoren: VEGF-Rezeptor-1 (VEGFR-1) und VEGF-Rezeptor-2 (VEGFR-2). Nachdem das Wachstum der Körpers beendet ist, wachsen auch die Blutgefässe nicht mehr. Nur in ganz bestimmten Situationen müssen die Blutgefässe eines erwachsenen Organismus wieder wachsen, z.B. bei der Wundheilung. Dieses Wachstum nutzt dann hauptsächlich den Prozess der Angiogenese.

Lymphangiogenese
Das Lymphsystem entwickelt sich später als das Herz-Kreislaufsystem. In Säugetiren entstehen vermutlich alle lymphatischen Gefässe durch Angiogenese. Die ersten Lymphgefässe spriessen aus Blutgefässen, und zwar aus den Venen. Die einzigen Wachstumsfaktoren, die das Wachstum von Lymphgefässen anregenm wurden in unserem Labor gefunden und kloniert. VEGF-C und VEGF-D. VEGF-C und VEGF-D binden beide VEGFR-2 und VEGF-Rezeptor-3 (VEGFR-3).

The lymphatic system develops later than the cardiovascular system. All lymphatic vessels arise by angiogenesis. The first lymphatic vessels sprout from the venous compartment of the circulatory system. The only known growth factor, that stimulates the growth of lymphatic vessels was cloned in our laboratory: VEGF-C. VEGF-C binds to VEGF receptor-2 and VEGF receptor-3 (VEGFR-3).